Infos für Betroffene

Infos für betroffene Mitarbeitende

Für Sie ist derzeit die ganze Welt irgendwie grau, schwer, anstrengend oder niederdrückend? Sie muten sich zu viel zu, können nicht abschalten, fühlen sich wie unter Strom? Es gibt absolut keinen Grund, sich zu schämen, wenn Sie gerade mit psychischen Herausforderungen zu kämpfen haben. Während Ihr Kollege bzw. Ihre Kollegin vielleicht körperliche Beschwerden hat, geht es bei Ihnen um seelische Belastungen. Beide Beeinträchtigungen verdienen am Arbeitsplatz gleichermaßen Verständnis, Mitgefühl und Unterstütztung. Wie offen Sie mit ihrer psychischen Belastung umgehen, ist allein Ihre Sache. Grundsätzlich gilt: Suchen Sie sich möglichst frühzeitig unterstützende professionelle Hilfe. Hilfsangebote finden Sie ganz unten auf dieser Seite.

Selbst erkennen, dass man in einer Krise stecken könnte

Jede/r erlebt Krisen individuell und reagiert unterschiedlich. Deshalb sind dies nur Anhaltspunkte ohne Gewährleistung auf Vollständigkeit.

Arbeitsverhalten

Ich

  • habe plötzlich Probleme damit, pünktlich zu sein.
  • brauche mehr Pausen, bin häufiger unkonzentriert, mir passieren
    häufiger Fehler.
  • bin häufiger krank, fühle mich nicht arbeitsfähig, das Aufstehen fällt mir schwer
  • fühle mich schon länger nicht mehr belastbar, leistungsstark.
  • halte sehr häufig Zusagen und Verpflichtungen nicht ein.
  • fühle mich ängstlich oder erschrecke sehr leicht.
  • mute mir zu viel zu.
  • bürde mir zu viel Verantwortung auf.
  • bin unsicherer bei der Arbeit geworden und
    • muss nachfragen bei Dingen, die ich eigentlich kann und weiß
    • muss mehrfach kontrollieren, ob meine Ergebnisse richtig sind
    • vermeide bestimmte Tätigkeiten, z. B. Telefonate oder Kundenkontakte
  • verbringe mehr Zeit am Arbeitsplatz, um mich abzulenken.

Sozialverhalten

Ich

  • verbringe meine Pausen derzeit lieber allein, weil mich meine Kolleg:innen alle nerven oder verunsichern.
  • vermeide gemeinsame Aktivitäten wie Betriebsausflüge, -sport o. ä.
  • meide zunehmend Menschenkontakte (z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln, Supermärkten etc.).
  • ärgere mich sehr schnell, häufig und dauerhaft über meine Kolleg:innen, Vorgesetzten, Kundschaft oder mich selbst.
  • bin dünnhäutiger.
  • bin sehr misstrauisch gegenüber meinen Kolleg:innen und Vorgesetzten
  • habe häufiger Streit mit meinen Kolleg:innen und/oder
    Vorgesetzten.
  • bin oft sehr gereizt.
  • bin oft in Gedanken versunken und bekomme nicht mit, was um mich herum passiert.
  • bin oft niedergeschlagen oder traurig.

Übergreifende Beeinträchtigungen

Ich

  • schlafe schlecht und bin ständig erschöpft.
  • habe das Gefühl, dass mir mein Alltag mir über den Kopf wächst.
  • pflege meinen Körper oder meine Kleidung häufiger nicht angemessen.
  • trinke deutlich mehr Alkohol, rauche mehr oder nehme verstärkt andere Drogen zu mir.
  • esse viel weniger oder viel mehr als sonst.
  • erkenne mich selbst nicht wieder.

Unsicherheit ist normal!

Darf ich meine Sorgen bei meiner/meinem Vorgesetzten ansprechen? Kann ich ihr/ihm vertrauen?
Grundsätzlich sind Sie nicht verpflichtet, mit Ihrer/m Vorgesetzten zu sprechen und etwas zur Art Ihrer psychischen Beeinträchtigungen zu erzählen.

Ihre/r Vorgetzte:r kann aber im Rahmen der Fürsorgepflicht Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung anbieten. Immer mehr Führungskräfte sind dankbar, wenn Mitarbeitende von sich aus das Gespräch suchen.

Wenn Sie unsicher bezüglich eines Gesprächs mit der/dem Vorgesetzen sind, holen Sie vorher Informationen dazu ein (Hilfsangebote siehe unten).

Sollte ich andere Stellen (z. B. Betriebsrat, Sozialdienst, ext. Stellen) ins Vertrauen ziehen?
Wenn Sie unsicher sind, können Sie andere Stellen hinzuziehen und sich Beratung und Unterstützung für den Umgang mit Ihrer Belastung am Arbeitsplatz holen. Für Gespräche können Sie jederzeit eine Vertrauensperson mit hinzuziehen. Holen Sie sich professionelle Unterstützung, diese gibt es auch anonym (siehe unten). Je ehrlicher und offener Sie bei professionellen Unterstützungsangeboten (z. B. Beratungsstellen, Ärzt:innen usw.) sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie die Hilfe bekommen, die Sie benötigen.

Sollte ich mein Kollegium informieren oder macht mein Problem dann erst recht die Runde?
Sie müssen Ihr Kollegium nicht informieren. Manchmal kann es aber helfen, zunächst mit einer/m vertrauten Kolleg:in zu sprechen. Oft kann es hilfreich sein, zunächst externe Beratung zu suchen (siehe unten) und mit dieser gemeinsam zu überlegen, wer im Betrieb wie angesprochen werden sollte.

Wie lange soll ich warten, bevor ich aktiv werde?
Suchen Sie sich so schnell wie möglich Unterstützung und Hilfe bei einer Vertrauensperson und/oder externen Beratungsstellen/Hilfsangeboten (siehe unten).
Wenn Sie in Ihrem Arbeitsumfeld eine vertrauensvolle Kultur erleben, können Sie Ihre Führungskraft oder interne Unterstützungsstrukturen wie Betriebsrat/Schwerbehindertenvertretung etc. ansprechen.

Habe ich Nachteile (z. B. Jobverlust, Mobbing) zu befürchten, wenn ich meine psychische Belastung/Erkrankung offen anspreche?
Diese Sorge haben viele betroffene Personen. Die Entscheidung etwas offenzulegen ist Ihre Entscheidung. Diese sollte nicht leichtfertig getroffen werden, da es sehr viele individuelle Faktoren gibt (z. B. Betriebsklima, hinter dem Rücken reden, eigener Umgang mit Krise usw.). Besprechen Sie diese Entscheidung vorher mit Personen Ihres Vertrauens oder einer Beratungsstelle.

Wenn Sie sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in der Probezeit befinden, können Sie sich bei Ihrem Betriebsrat, Sozialdienst oder anderen Stellen vor einem Gespräch beraten lassen.

Verhaltensempfehlungen für das Gespräch mit einer Person Ihres Vertrauens am Arbeitsplatz (z. B. Kolleg:in, Führungskraft)

Do´s

  • Vereinbaren Sie das „4-Augen-Gespräch“ mit einer Vertrauensperson an Ihrem Arbeitsplatz, unter Bedingungen, bei denen Sie sich sicher fühlen.
  • Betonen Sie, das Sie Ihrem Gegenüber das Vertrauen schenken und dieser mit der persönlichen Information verantwortungsvoll umgeht.
  • Schildern Sie Ihre „Nöte“/Ihr Problem, ohne zu sehr in die Details zu gehen, um besser einschätzen zu können, wie Ihr Gegenüber reagiert.
  • Rechnen Sie damit, dass das Gegenüber schnell mit vermeintlich hilfreichen Vorschlägen und Ideen kommt. Dahinter liegt der verständliche Wunsch, das Problem schnell aus der Welt zu schaffen und Ihnen zu helfen. Sie können sich die Ideen anhören, sind aber nicht verpflichtet, etwas davon anzunehmen.
  • Machen Sie es transparent, wenn Ihnen die gegebenen Vorschläge oder das Gespräch zu viel werden. Sie können auch mehrere Gesprächstermine vereinbaren.
  • Lassen Sie das Gespräch ergebnisoffen. Wenn ein erstes Gespräch für Sie unbefriedigend verläuft, suchen Sie sich Unterstützung bevor Sie in ein weiteres Gespräch gehen.

Don´ts

  • Zögern Sie nicht zu lange. Eine rechtzeitige Problemmeldung kann dazu beitragen, Herausforderungen schneller zu bewältigen und mögliche Krisen zu verhindern.
  • Führen Sie kein Gespräch über Ihre persönliche Situation, wenn Sie sich dem im Moment nicht gewachsen fühlen. Sie haben auch immer im Gespräch die Möglichkeit, um eine Unterbrechung oder Vertagung zu bitten, wenn Sie merken, dass das Gespräch Sie gerade überfordert.
  • Geben Sie nicht vorschnell Diagnosen weiter. In der Regel kann Ihr Gegenüber damit nicht wirklich etwas anfangen, es besteht aber die Gefahr, dass Ihnen bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zugeschrieben werden, die andere mit der jeweiligen Diagnose verbinden, ohne dass es bei Ihnen stimmt.

Mögliche Gesprächseinstiege

Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt und Ort:
Beispiel: „Könnten wir uns mal in einem ruhigen Raum unter vier Augen unterhalten?“

Selbstreflexion vorbereiten:
Beispiel: „In letzter Zeit habe ich bemerkt, dass ich mich oft gestresst und überfordert fühle.“
Beispiel: „Ich brauche einmal ein Gespräch in Ruhe mit Ihnen, weil es mir gerade nicht so gut geht.“

Drücken Sie Ihre Gefühle aus:
Beispiel: „Ich wollte ehrlich sein und mitteilen, dass ich mich in letzter Zeit traurig und ängstlich gefühlt habe.“
Beispiel: „Ich habe Sorgen, schlafe schlecht, bin niedergeschlagen oder häufig wütend. Das sollten Sie wissen.“

Betonen Sie den Wunsch nach Unterstützung:
Beispiel: „Ich denke, es ist wichtig, darüber zu sprechen, weil ich glaube, dass es mir helfen könnte, Unterstützung zu finden und besser damit umzugehen.“
Beispiel: „Ich brauche Hilfe!“
Beispiel: „Ich brauche von Ihnen in der gegenwärtigen Situation …“

Vermeiden Sie Selbstvorwürfe:
Beispiel: „Es fällt mir schwer zuzugeben, aber ich denke, ich habe psychische Probleme.“

Bereiten Sie sich auf Fragen vor:
Beispiel: „Ich bin mir nicht sicher, was genau los ist, aber ich arbeite daran, es zu verstehen. Ich hoffe, dass wir darüber sprechen können, um gemeinsam Lösungen zu finden.“

Erwähnen Sie Ihre Absicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen:
Beispiel: „Ich suche gerade nach professioneller Hilfe, um herauszufinden, wie ich am besten damit umgehen kann.“
Beispiel: „Ich bekomme bereits externe professionelle Hilfe, brauche aber auch am Arbeitsplatz Unterstützung.“

Fordern Sie Empathie und Diskretion:
Beispiel: „Ich vertraue dir genug, um darüber zu sprechen, bitte behalte diese Information jedoch für dich.“
Beispiel: „Für meine Arbeit heißt das, dass ich vielleicht häufiger arbeitsunfähig sein werde oder bestimmte Dinge nicht so gut schaffe wie gewohnt.“

mal

Die Führungskraft geht auf den Gesprächswunsch ein:

Entscheiden Sie gemeinsam, ob/welche weiteren Stellen einbezogen werden sollen und treffen Sie Absprachen, was Sie brauchen, um eine weitere Verschlechterung Ihrer Situation möglichst zu verhindern.

Vereinbaren Sie gleich einen konkreten Termin für ein Folgegespräch.

Die Führungskraft lehnt Ihren Gesprächswunsch ab:

Suchen Sie Unterstützung an anderer Stelle – intern oder extern (siehe unten) – und überlegen Sie gemeinsam, wie Sie mit der Situation weiter umgehen.

Hier finden Sie Hilfe vor Ort

Wenn sich jemand in einer akuten, potentiell lebensbedrohlichen Notlage befindet, wählen Sie immer direkt die 112!

Übersicht und Verfügbarkeit von sozialpsychiatrischen/ gemeindepsychiatrischen Wegweisern in kreisfreien Städten und Kreisen in Schleswig-Holstein