Erkennen, dass die oder der Kolleg*in in einer Krise stecken könnte
Jede/r erlebt Krisen individuell und reagiert unterschiedlich. Deshalb sind dies nur Anhaltspunkte ohne Gewährleistung auf Vollständigkeit.
In der Teamarbeit setzen wir auf das Vertrauen in die Fähigkeiten und die Belastbarkeit unserer Teammitglieder. Was aber, wenn plötzlich ein Teammitglied seine Leistungsfähigkeit nicht mehr aufrechterhalten kann, sich ungewöhnlich verhält und vielleicht sogar das Team aus dem Gleichgewicht bringt?
Menschen mit psychischen Erkrankungen verdienen weder heimliches Getuschel hinter ihrem Rücken noch Vorurteile. Stattdessen sind ein offener, respektvoller Umgang und Unterstützung gefragt. Dies fördert nicht nur die Genesung der betroffenen Person, sondern befähigt das gesamte Team, mit solchen herausfordernden Situationen umzugehen. Eine psychische Erkrankung in einem Team sollte daher nicht primär als Belastung betrachtet werden, sondern als Chance zur persönlichen und kollektiven Entwicklung.
Jede/r erlebt Krisen individuell und reagiert unterschiedlich. Deshalb sind dies nur Anhaltspunkte ohne Gewährleistung auf Vollständigkeit.
Als Kolleg*in kann es sinnvoll sein, etwas zu unternehmen, da die Situation auch für Sie unsicher und belastend sein kann. In so einer Situation ist es hilfreich, sich zu fragen, wie man selbst behandelt werden möchte.
Der Austausch mit einer/einem Kolleg*in zum Abgleich der eigenen Wahrnehmung kann ebenfalls helfen, sollte aber vertraulich und im Respekt vor der betroffenen Person auf keinen Fall in ein Tuscheln im Team ausarten. Ihre/Ihr Vorgesetze*r ist auch zu Ihrer Entlastung eine wichtige Ansprechperson für Sie. Sie/er kann im Rahmen ihrer/seiner Fürsorgepflicht ein Gespräch und entsprechende Handlungsmöglichkeiten einleiten.
Sie haben auch die Möglichkeit, andere vertrauenswürdige Stellen (z. B. Betriebsrat, Sozialdienst, ext. Beratungsstellen) zu Rate zu ziehen, um für sich einen guten Umgang mit der Situation zu finden.
Überlegen Sie, was Sie in diesem Zusammenhang bewegt:
Ist es Ihre eigene Arbeitssituation, die Sie belastet – der/die Kolleg*in ist vielleicht nur ein zusätzlicher Aspekt? Dann werden Sie in eigener Sache aktiv und suchen Sie das Gespräch dazu mit der Führungskraft und anderen Stellen im Betrieb und außerhalb.
Ist es vor allem die Sorge um die/den Kolleg*in? Dann suchen Sie – wie hier beschrieben – einen geeigneten Weg, das mit der Person zu besprechen.
Wenn Sie die weiter unten genannten Gesprächs- und Verhaltensegeln einhalten, haben Sie Ihr Möglichstes getan, um einen offen, wertschätzenden und empathischen Umgang zu finden.
Wenn im Gespräch suizidale Gedanken geäußert werden, nehmen Sie dies ernst. Dies kann ein Hilferuf sein. Wenden Sie sich an Ihre/n Vorgesetzte/n zur Absicherung und an die entsprechenden Notfalldienste Ihres Kreises (siehe unten). Machen Sie Ihr Vorgehen gegenüber Ihrer/m Gesprächspartner*in transparent (z. B. „Diese Situation überfordert mich, da möchte ich gerne Rücksprache halten.“).
Das Folgeverhalten liegt in der Verantwortung Ihres Gegenübers!
Dies ist ein weit verbreitetes Stigma/Vorurteil über psychische Erkrankungen. Es gibt keine Belege, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung häufiger Gewaltstraftaten begehen. Aggressionen gegenüber Gegenständen und Gewaltbereitschaft einem Menschen gegenüber sind zwei verschiedene Eskalationsstufen. Das Eine bedingt nicht unbedingt das Andere. Oft hilft es, dem Gegenüber zu spiegeln, was es in Ihnen auslöst, z. B. Angst, Sorge: „Ich fühle mich bedroht.“
Wenn Sie aggressives Verhalten wahrnehmen, wenden Sie sich gleich an Ihre/n Vorgesetzte*n.
Es ist wichtig, einfühlsam und respektvoll auf eine*n Kolleg*in zuzugehen, die/der psychisch beeinträchtigt wirkt. Hier sind einige Stichpunkte, auf die Sie achten sollten, um das Gespräch richtig zu beginnen.
Verweisen Sie auf andere Gesprächspartner*innen: „Wenn dich Dinge belasten, die du mir mir nicht besprechen möchtest – was ich verstehen kann – kannst du dich z. B. auch an unsere Sozialberatung, Betriebsrat, Personalrat oder Schwerbehindertenvertretung etc. wenden.“ Verweisen Sie, sofern Ihnen bekannt, auch auf externe Hilfsangebote.
Fragen Sie nach einem Gespräch von Zeit zu Zeit wieder nach, wie es Ihrer/m Kolleg*in aktuell geht. Bieten Sie, wenn nötig und gewünscht, weiterhin Unterstützung an.
Denken Sie daran, dass es wichtig ist, die Kolleg*in nicht zu drängen, sondern ihr/ ihm Raum und Zeit für ihre/seine Gefühle und Gedanken zu geben. Ihr Ziel sollte darin bestehen, Unterstützung und Verständnis anzubieten … ohne Druck auszuüben.
schulze-lohmann@lvgfsh.de
0431 - 710387 - 17