Erkennen, dass die/der Mitarbeitende in einer Krise stecken könnte
Jede/r erlebt Krisen individuell und reagiert unterschiedlich. Deshalb sind dies nur Anhaltspunkte ohne Gewährleistung auf Vollständigkeit.
Führungskräfte mit Personalverantwortung müssen sowohl über Fachwissen als auch über Erfahrung verfügen, um ihre Teams zu stärken und stabil zu halten. Dies gilt unabhängig davon, ob ihre Mitarbeitenden physische Verletzungen wie einen Beinbruch, gesundheitliche Probleme wie Migräne oder psychische Erkrankungen erleben. Es ist von großer Bedeutung, dass das gesamte Team in diesen Prozess einbezogen wird. Insbesondere im Umgang mit Mitarbeitenden, die psychische Belastungen erfahren, ist es essenziell, dass Führungskräfte diese Herausforderungen mit Sensibilität und Kompetenz angehen, um Stigmatisierung am Arbeitsplatz zu verhindern oder zu minimieren, ohne dabei ihre eigene Energie zu erschöpfen.
Die nachfolgenden Informationen sind dazu gedacht, Ihnen Unterstützung anzubieten und Ihnen bei der Bewältigung dieser Aufgabe behilflich zu sein. Gleichzeitig eröffnet die Beschäftigung mit diesem Thema die Chance, die Arbeitsweise in Ihrem eigenen Unternehmen kritisch zu reflektieren und proaktiv Schritte zur Vorbeugung von psychischen Erkrankungen zu unternehmen.
Jede/r erlebt Krisen individuell und reagiert unterschiedlich. Deshalb sind dies nur Anhaltspunkte ohne Gewährleistung auf Vollständigkeit.
Erfahrungen zeigen, dass Führungskräfte nicht selten zu lange warten, bis sie aktiv werden, in der Hoffnung, dass sich das Problem von alleine löst. Das führt aber eher dazu, dass sich ein vermeintlich schützender Rahmen mit besonderen Regeln um die Mitarbeitenden legt, welcher letztendlich oft nicht hilfreich ist und unter Umständen das gesamte Team belastet und zu immer weniger Verständnis führt. Dies wiederum kann die psychische Gesundheit bei der betroffenen Person sogar eher verschlechtern.
Wenn Sie die weiter unten genannten Gesprächs – und Verhaltensegeln einhalten, haben Sie Ihr Möglichstes getan, um einen offenen, wertschätzenden und empathischen Umgang zu finden. Wenn im Gespräch suizidale Gedanken geäußert werden, nehmen Sie diese ernst. Dies kann ein Hilferuf sein. Wenden Sie sich ggf. an Ihre*n Vorgesetzte*n zur Absicherung und an die entsprechenden Notfalldienste Ihres Kreises (siehe unten). Machen Sie Ihr Vorgehen gegenüber Ihrem/r Gesprächspartner*in transparent (z. B. „Diese Situation überfordert mich, da möchte ich gerne Rücksprache halten.“)
Das Folgeverhalten liegt in der Verantwortung Ihres Gegenübers!
Dies ist ein weit verbreitetes Stigma/Vorurteil über psychische Erkrankungen. Es gibt keine Belege, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung häufiger Gewaltstraftaten begehen. Aggressionen gegenüber Gegenständen und Gewaltbereitschaft einem Menschen gegenüber sind zwei verschiedene Eskalationsstufen. Das Eine bedingt nicht unbedingt das Andere. Oft hilft es, dem Gegenüber zu spiegeln, was es in Ihnen auslöst, z. B. Angst, Sorge: “Ich fühle mich bedroht.“
Sie müssen ein solches Gespräch nicht alleine führen. Machen Sie Ihr Vorgehen der betroffenen Person gegenüber transparent!
In jedem Unternehmen herrscht eine unterschiedliche Ansprache. Im Folgenden wurde bewusst sowohl die „Sie“ als auch die „Du“-Form eingesetzt, um die jeweiligen Umgangsformen innerhalb der Unternehmen abzubilden.
Entscheiden Sie gemeinsam, ob/welche weiteren Stellen (auch externe) oder Personen (auch externe) einbezogen werden sollen und treffen Sie Absprachen, wie man eine weitere Verschlechterung der Situation verhindern könnte.
Vereinbaren Sie gleich einen konkreten Termin für ein Folgegespräch.
Signalisieren Sie: „Ich bin immer für Sie ansprechbar!“
Falls die oder der Mitarbeitende ein Gesprächsangebot ablehnt, das Signal geben: „Falls noch etwas sein sollte: Ich bin jederzeit ansprechbar.“
Verweisen Sie auf andere Gesprächspartner*innen: “Wenn Dinge Sie belasten, die Sie mit mir als Führungskraft nicht besprechen möchten – was ich verstehen kann – können Sie sich auch gerne an unsere z. B. Sozialberatung, Betriebsrat, Personalrat, Schwerbehindertenvertretung wenden.“ Verweisen Sie ebenfalls auf weitere externe Hilfeangebote (siehe unten).
Wenn keinerlei Verbesserung der Situation eintritt und die betroffene Person nicht erkennen lässt, dass sie selbst bereit ist, nach Veränderungen zu suchen, ist das zunächst eine legitime Entscheidung. Als Führungskraft sollten Sie immer wieder Gesprächsbereitschaft signalisieren.
Die Schwerbehindertenvertretung, die Sozialberatung, der Betriebsarzt oder der Betriebsrat/Personalrat können flankierend ebenfalls ihre Hilfe und Unterstützung anbieten.
Erst wenn die Arbeitsleistung erheblich leidet, ist es angemessen, mit dem Hinweis auf eventuelle arbeitsrechtliche Konsequenzen (zum Beispiel Ermahnung, Abmahnung oder Ähnliches) nachdrücklicher zu werden.
In einer solchen Situation sollten Sie mit den Betroffenen deutlich über die Situation und mögliche Folgen sprechen. Häufig erklären sich Betroffene dann bereit für ärztlichen Rat oder Behandlung.
Suchen Sie das Gespräch mit Kolleg*innen der/des betroffenen Mitarbeitenden, wenn die Verhaltensänderungen dort offensichtlich sind!
Psychische Krisen können auch bei den Menschen in der Umgebung starke Emotionen auslösen: Mitleid und Sorge, aber auch Ungeduld und Ärger.
Auch Kolleg*innen von betroffenen Mitarbeiter*innen brauchen Unterstützung, um angemessen mit der Situation umzugehen! Eine erhöhte Rücksichtnahme auf die betroffene Kolleg*in kann zu einer hohen Belastung einzelner Mitarbeiter*innen und/oder des gesamten Teams führen. Deshalb gilt: Kurzfristig können Appelle an die Geduld und die Bereitschaft der Kollegen, zeitweise Belastungen mitzutragen, helfen und zeitlichen Spielraum schaffen. Längerfristig muss dann allerdings eine zügige Suche nach funktionierenden Lösungen erfolgen, um die Mehrbelastungen des Kollegiums zeitnah wieder abbauen zu können.
Hilfe können Supervision und Teamsitzungen sein. Von Vorteil können auch Kooperationen mit Beratungsstellen im Einzugsgebiet sein.
Psychische Beeinträchtigungen bei Mitarbeitenden können auch in Zusammenhang mit hohen Arbeitsbelastungen stehen. Diese betreffen dann in der Regel das ganze Team. Sprechen Sie dieses Thema im Team an und suchen Sie im Bedarfsfall Maßnahmen, um die Bedingungen zu verbessern – am besten systematisch mit der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung.
Wichtig sind Gesprächsangebote für und mit allen Beteiligten!
schulze-lohmann@lvgfsh.de
0431 - 710387 - 17